Stellungnahme zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur finanziellen Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Finanzstabilisierungsgesetz – GKV-FinStG)

Die im Gesetzentwurf vorgesehene Kürzung der Pflegebudgets steht im direkten Widerspruch zum erklärten Ziel, Pflege zu stärken und muss dringend gestrichen werden.

Würde der Gesetzentwurf in der bestehenden Form umgesetzt, würde ab 2024 die Finanzierungsgrundlage für 20.000 Pflegehilfskräfte entfallen. Berufsgruppen und Mitarbeiter:innen, die seit Jahren einen entscheidenden Beitrag zur pflegerischen Versorgung leisten und examinierte Pflege entlasten, würden zukünftig nicht mehr im Pflegebudget finanziert. Betroffen wären Berufsgruppen wie Physiotherapeut:innen, Ergotherapeut:innen, Heilerziehungspfleger:innen und Hebammen. Die Häuser wären gezwungen, diese Mitarbeiter:innen von der Pflege am Bett abzuziehen und zu entlassen. Die Verluste müssten examinierte Pflegekräfte durch Mehrarbeit auffangen, obwohl sie für viele Tätigkeiten überqualifiziert sind.

Die im Entwurf thematisierte mögliche Doppelfinanzierung, kann von uns nicht nachvollzogen werden. In den Vereinbarungen der Selbstverwaltung wurde mit hohem Aufwand eine Bereinigung des DRG-Systems entsprechend der gesetzlichen Vorgaben vorgenommen. Im Zuge der Ausgliederung der Pflege aus den Fallpauschalen wurde zweimal nachkorrigiert. Dabei wurden bereits 200 Mio. Euro (2021) bzw. 175 Mio. Euro (2022) aus den Fallpauschalen herausgenommen. Eine nochmalige Absenkung würde die Situation der Pflege verschlechtern. Daran hätte die Regierung einen entscheidenden Anteil.

Die Neuregelung hätte nicht nur für die Krankenhäuser und Beschäftigten schädliche Folgen, sondern vor allem für die Patient:innen. Sollte an der Einschränkung festgehalten werden, müssen für die entsprechenden Berufsgruppen Nachqualifizierungsmöglichkeiten geschaffen und eine entsprechende Finanzierung vorgesehen werden.

Statt zusätzlicher Belastungen ist es dringend notwendig, Krankenhäuser und Reha-/Vorsorgekliniken wirtschaftliche Unterstützung vor der absehbaren schwierigen Situation im Herbst zu geben. Notwendig sind insbesondere Ausgleiche für steigende Energiekosten sowie die Inflation. Einen entsprechenden Beschluss fasste auch die Gesundheitsministerkonferenz der Länder (GMK)[1].

  1. Spezieller Teil

Art. 2 Nr. 1 und Art. 3 Nr. 1, 2

Neuregelung

Es soll vorgegeben werden, dass ab 2024 nur noch Pflegepersonalkosten qualifizierter Pflegekräfte in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen im Pflegebudget berücksichtigt werden können. Die Verhandlungen sollen beschleunigt werden. Die Konkretisierung diene zudem dazu die Versorgungsqualität in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen durch qualitative Mindestanforderungen abzusichern.

Bewertung

Die Regelung würde bedeuten, dass weitere in der Pflege tätige Berufsgruppen nicht wie bisher zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern vereinbart berücksichtigt werden dürfen. Hierdurch würden 20.000 Stellen in der Pflege im Krankenhaus gefährdet, weil diese Mitarbeiter:innen nicht mehr über das Pflegebudget finanziert würden.

Änderungsvorschlag

Streichung der Regelung

Sollte an der Regelung festgehalten werden, sollten für Berufsgruppen, die zukünftig aus dem Pflegebudget fallen, Mittel für Nachqualifikationen zur Verfügung gestellt werden. So könnte sichergestellt werden, dass diese Mitarbeiter:innen auch zukünftig ihren wichtigen Beitrag zur Pflege leisten können und die formalen Voraussetzungen bis 2024 erfüllen.

  1. Weiterer Änderungsbedarf: Inflationsausgleich für Krankenhäuser und Reha- und Vorsorgekliniken

Sachstand

Krankenhäuser und Reha- und Vorsorgekliniken sind von massiven Kostensteigerungen durch die Inflation und Energiekosten betroffen. Kliniken können diese Kostenanstiege nicht weitergeben, da sie auf staatlich reglementierte Preise treffen. Für 2022 ist für Krankenhäuser nur eine Steigerung der Einnahmen von 2,32 Prozent vorgesehen. Auch in den langfristig fixierten Vergütungssätzen der Krankenkassen und Rentenversicherung für Reha- und Vorsorgeeinrichtungen sind diese Kostensteigerung nicht berücksichtigt. Allein die Inflation liegt bei knapp acht Prozent und wird auf zehn Prozent steigen. Eine Blitzumfrage des BDPK unter seinen Mitgliedskliniken zeigt, dass die anstehenden Preissteigerungen für Strom und Gas den Mitgliedskliniken die größten Sorgen bereiten. Kliniken erwarten eine Explosion der Energiekosten um bis zu 400 Prozent, die viele Reha- und Vorsorgekliniken in eine existenzielle Krise führen wird.[2]

Bewertung

Ohne einen Inflationsausgleich zur Stabilisierung der Krankenhäuser und Reha- und Vorsorgekliniken droht schon in den nächsten Wochen, spätestens mit der Auszahlung des Weihnachtsgeldes, eine Welle von Klinikinsolvenzen mit negativen Folgen für die Patientenversorgung.

Auf Initiative der Länder Bayern, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein wird auch im Bundesrat ein Entschließungsantrag „Kurzfristige Sicherung der Liquidität der Krankenhäuser, der Reha- und Vorsorgereinrichtungen sowie von medizinischen Einrichtungen und Pflegeeinrichtungen wegen außerordentlicher Steigerungen bei Energie- und Sachkosten“ eingereicht.[3] Unterstützung erfährt diese Forderung auch durch die Bundestagsfraktionen von SPD (Klausurtagung 02.09.2022) und B90/Die Grünen (4-Punkte Krisenplan zur wirtschaftlichen Sicherung der Gesundheitsversorgung in Kliniken und Pflegeheimen 17.09.2022).

Änderungsvorschlag

Krankenhäuser:

  • Unterjähriger Rechnungszuschlag in Höhe von 4,54 % (Bereich KHEntgG) sowie 2,27 % (Bereich BPflV)
  • Für 2023 Basisberichtigung der Landesbasisfallwerte bzw. der Krankenhausbudgets
  • Verlängerung der 5-Tage-Zahlungsfrist für Krankenhausrechnung über 2022 hinaus

Reha- und Vorsorgeeinrichtungen:

  • Rechnungszuschlag in Höhe von 15 Euro je Behandlungstag und Patient:in, der sich aus einem Inflationsausgleich (7 EUR) und einem Corona-Zuschlag (8 EUR wie bisher) zusammensetzt. Der darin enthaltene Inflationsgleich sollte bei Nachweis höherer Energiekosten im Einzelfall angepasst werden können.

[1] Beschluss GMK 22.06.2022-23.06.2022 siehe hier.

[2] Vgl. BDPK-Blitzumfrage vgl. hier

[3] Vgl. hier

Hier der vollständige Inhalt der BDPK-Stellungnahme, die Sie hier als PDF herunterladen können.